Sie leiden unter Redeangst und Lampenfieber? Sie hassen es, wenn alle Augen auf Sie gerichtet sind, und wenn Sie jemand anspricht, möchten Sie sich am liebsten verkriechen? Dann zählen Sie vielleicht zu den ca. 5% der Bundesbürger:innen, die laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie als schüchtern gelten. Dabei sind kommunikative Fähigkeiten gerade am Arbeitsplatz besonders wichtig. Deshalb lohnt es sich, der Kontaktangst auf den Grund zu gehen. Häufig versuchen schüchterne Menschen lediglich, Misserfolge zu vermeiden. Im Job reagieren sie auf Herausforderungen mit Fluchtreflexen, weil sie fürchten, ihre Kollegen fallen bei Fehlern über sie her. Weil schüchterne Menschen nicht darauf vertrauen, dass auch ihr wahres Gesicht gut ankommen kann, glauben sie, sich fortwährend von ihrer Schokoladenseite zeigen zu müssen. Das führt zu einer dauernden Überforderung und kann im Zweifel richtig krank machen. Doch Schüchternheit ist kein Schicksal. Man kann durchaus lernen, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Was können Betroffene tun?
Wichtig ist es, dass Schüchterne den Teufelskreis des Vermeiden-Wollens durchbrechen und sich Schritt für Schritt genau den Herausforderungen stellen, vor denen sie Angst haben.
Am erfolgreichsten ist dabei der Weg der kleinen Schritte. Wer es zum Beispiel erfolgreich geschafft hat, einen Fremden nach dem Weg zu fragen oder um Hilfe zu bitten, der kann sich nach und nach größeren und komplexeren Aufgaben im Zusammenhang mit den Mitmenschen stellen, zum Beispiel den Kollegen in der Kantine oder dem Gespräch mit dem Chef.

12 konkrete Tipps:

Gute Eigenschaften bewusst machen

Jeder Mensch hat gute Eigenschaften. Verwandeln Sie den inneren Kritiker zum wohlwollenden Freund und loben Sie sich zur Abwechslung mal selbst.

Positive Grundhaltung einnehmen

Vor einer schwierigen Aufgabe sollten Sie sich vorstellen, dass alles optimal verläuft, statt sich von vorn herein Horrors-Szenarien aus zu malen.

Blamagen abtropfen lassen
Denken Sie daran, dass jeder Mensch mal peinliche Situationen erlebt. In der Regel empfinden Sie das viel schlimmer als Ihr Umfeld. Lassen Sie eine Blamage einfach abtropfen, danach liegt die Peinlichkeit am Boden und ist nur noch eine kleine Pfütze, die bald verdunstet ist.

Kommunikativ nützliche Fähigkeiten aneignen
Wer zum Beispiel ein Instrument spielt, tanzen, zeichnen oder kochen kann, hat ein Gesprächsthema und findet leichter Gleichgesinnte. Jedes Hobby, das Sie pflegen, jedes persönliche Interesse, das Sie haben, kann im Gespräch als Anknüpfungspunkt dienen.

Vorbilder aussuchen
Denken Sie an Menschen, die Ihnen stark und souverän erscheinen. Wie würden diese sich in ihrer Situation fühlen und verhalten?

Sich „stark“ machen
Nehmen Sie bewusst typische Verhaltensmerkmale von Stärke ein, z.B aufrechter Gang, gerade Kopfhaltung, offener Blick in die Augen ihres Gegenübers. Die äußere Körperhaltung wirkt nicht nur auf Ihr Gegenüber, sondern auch auf Ihre eigene innere Verfassung zurück.

Vor einem Auftritt
Sondieren Sie fremdes Terrain rechtzeitig. Mit der örtlichen Vertrautheit wächst die persönliche Sicherheit.

Im Gespräch:
5 Rettungsringe, wie man innere Hemmungen im Gespräch meistern kann:

1. Aktiv zuhören: Dabei signalisiert man seinem Gegenüber sein aufrichtiges Interesse, sowohl nonverbal, durch Mimik und Gestik, als auch verbal. Ein gute Methode ist z.B. das „Paraphrasieren„. Dabei gibt man das, was der Gesprächspartner gesagt hat, mit eigenen Worten noch einmal wieder. Dazu verwendet man am besten folgende Einstiege: «Du denkst also, dass …», «Da hast Du das Gefühl, dass …» oder « Mit anderen Worten, Du meinst…».

2. Fragen stellen: Als Schüchterner Mensch ist es am sichersten, wenn man Fragen stellt. Am besten solche, die den Gesprächspartner zum Erzählen animieren und ihn vielleicht noch dazu in einem guten Licht dastehen lassen wie zum Beispiel «Ihre Präsentation hat mir sehr gut gefallen. Wie schaffen Sie es, dass Alle Ihnen so gerne zuhören?»

3. Komplimente machen: denn sie wirken sich günstig auf die Entstehung und den Erhalt sozialer Beziehungen aus: Wenn man weiß, dass der Gesprächspartner einen besonders liebevoll gepflegten Garten hat, sich in einem Ehrenamt engagiert oder in seinem Job gerade eine besondere Leistung erbracht hat,  kann man ihn oder sie darauf ansprechen und dafür bewundern.

4. Umgangsfloskeln anwenden – keine Angst vor Flapsigkeit: Flapsige Bemerkungen gehören zum sozialen Umgang und wirken wie Beziehungskit. Wenn der Nachbar einen z.B. beim Autowaschen beobachtet und sagt «Gleich kannst Du bei mir weiter putzen», ruft man zurück: «Das würde Dir gefallen» oder «Für Dich mache ich das natürlich gerne».

5. Eigene Meinungen als Ich-Botschaften formulieren:  Wenn Sie in einer Diskussion Widerspruch formulieren wollen, vermeiden Sie apodiktische Aussagen. Statt «Diese Aussage ist falsch!» sagt man besser:  «Aus meiner Sicht ist diese Aussage falsch». Denn wer seine Meinung als unumstößliche Wahrheit formuliert, wirkt besserwisserisch und kann auf Widerstand oder gar auf Aggressivität stoßen.

Wenn Sie an Ihrer Schüchternheit, Auftrittsangst oder Lampenfieber arbeiten wollen und Unterstützung suchen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf.

Sabine Jacobs-Bommert
Coaching & psychologische Beratung
Website: www.sj-kommunikation.de
Email an: jacobs@sj-kommunikation.de

Literatur-Tipp:
Schüchternheit kreativ bewältigen
von Martin Schuster
Hogrefe Verlag, 165 Seiten, 16,95